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Diatomeen

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Diatomeen - Kurzeinführung

Diatomeen sind mikroskopisch kleine, einzellige Algen, deren Zellwand hartschalig, als glasartiges Silikat ausgebildet ist. Die Hartschale besteht, ähnlich wie im Falle einer gewöhnlichen Pappschachtel, aus einer Unterschale und einer etwas größeren, überlappenden Oberschale.


[ kreisförmige Diatomee ]


Räumliche Darstellung einer zentrischen Diatomee (Arachnoidiscus japonicus).
Detail aus einem historischen Stich von R. Beck, um 1870.

Die filigran durchbrochenen, völlig transparenten und äußerst kunstvollen Gehäuse bleiben dem unbewaffneten Auge, und somit den meisten Menschen dieser Welt verborgen. Erst im Lichtmikroskop, und noch viel eindrucksvoller im Rasterelektronenmikroskop offenbaren sich Strukturen, die dem Betrachter als offensichtlich genialische Mikroarchitektur sofort ins Auge fallen, die ästhetischen Genuß verschaffen und Bewunderung hervorrufen.



[ kreisförmige Diatomee ]


Geradezu unglaubliche Symmetrie eines scheibchenförmigen
Diatomeengehäuses (Arachnoidiscus sp.). Ansicht von oben. Durchmesser 0,2 mm.


Erst im 19. Jahrhundert entdeckten Naturwissenschaftler, unter anderem Christian Gottfried Ehrenberg (1795-1876) die enormen, auch für den Menschen direkt erfahrbaren Summenwirkungen des "kleinen" Lebens, auch der Diatomeen - zum Beispiel als Gebirgsbildner.


[ Stein mit Diatomeen ]


Versteckte Präsenz von Diatomeen (I): Hier ein kleines Steinchen aus der Kieler Föhrde,
in Lupenvergrößerung. Breite des Steinchens ca. 3 mm.


[ Stein mit Diatomeen ]


Versteckte Präsenz von Diatomeen (II): Detailausschnitt vom obigen Steinchen mit "Diatomeenflotte", unter dem Mikroskop. Bildbreite ca. 300 Mikrometer.


Parallel zu der wissenschaftlichen Einsicht, daß Kleinheit eben nicht mit Bedeutungslosigkeit gleichzusetzen ist (denken wir nun an die Atome, ohne die wir alle nicht existieren würden), entwickelte sich ein erweitertes bürgerliches Existenzbewußsein, welches das wundervolle mikroskopische Angebot der Natur als Teil des Lebens zu schätzen wußte und in vielfältiger Form kultivierte.

In Großbritannien, später auch auf dem Kontinent und in den U.S.A., galt deshalb ein Mikroskop als notwendiges Ausstattungsmerkmal des kultivierten Haushalts, genauso wie ein Klavier - und heute :-( - ein Fernseher.

Professionelle Diatomeenleger fügten in kunstvoll angeordneten Diatomeenschalen-Präparaten (siehe Abb. unten) sozusagen noch eine weitere Ordnungsebene hinzu.
Auch wenn der "wissenschaftliche Wert" derartiger Legepräparate von manchem moralinsauren Forscher arg in Zweifel gezogen wurde, verkaufen kunstvolle Präparate wie das unten gezeigte sich auch noch heute, 100 Jahre später, zu gesalzenen Preisen.


Diatomeen (Kieselalgen-Kreispräparat von Watson&Sons, London]

Kunstvoll gelegte, mikroskopische Präparate aus Kieselalgenschalen waren vor 100 Jahren ein beliebtes Mitbringsel, ja sogar Diplomatengeschenk. Das oben gezeigte historische Diatomeen-Kreispräparat stammt von der Firma Watson&Sons, London. Der Diatomeenkreis mißt 2 mm im Durchmesser und enthält knapp 300 fossile Diatomeenschalen aus Bory in Ungarn.



Literatur zu Diatomeen-Legepräparaten

Matthias Burba: Johann Diedrich Möller (1844-1907) - Über die Kunst, Diatomeen zu legen. MIKROKOSMOS 96 (2007) 7 - 17.

Gerhard Göke: Gelegte Präparate von Diatomeen, Radiolarien, und Foraminiferen.
MIKROKOSMOS 63 (1974) 223 - 228 (Anmerkung: Hervorragende Anleitung, mit Hilfe derer Sie selbst Legepräparate herstellen können).

Klaus Hausmann: Der Diatomeen-Arrangeur von Blautannen, England: Klaus-Dieter Kemp. MIKROKOSMOS 85 (1996) 107 - 110.


© Text und Mikrofotos von  Martin Mach


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